Niederlande

Tag 3 - Den Haag

Auf ein Vorwort

Am Abend, 24h vor der Heimreise, erreichte mich eine Nachricht meines österr. Lieblingszugunternehmens. Da sie mehr Leute mitnehmen wollen, um noch mehr Profit in ihren gierigen Rachen reinzustopfen, streichen sie meinen Liegewagen für die 14stündige Fahrt in der Nacht und machen einen Sitzwagen daraus. Kein Scherz. Auch die über eine Stunde dauernde Zeit in der Warteschleife war kein Scherz. Keiner hob ab, jeder von diesem Verein war schon heimgegangen. Der Grant und die Hilflosigkeit fressen mich auf. Und da soll man wirklich klimafreundlich bleiben?


Den Tag wollte ich diesmal eigentlich mit einem Frühstück starten, am Tag davor blieb ja keine Zeit, weil ich zeitig zur Blumenauktion musste. Nur heute hatte ich ein anderes Problem - ich hatte keinen Hunger😅 Am Vortag diesen riesengroßen Pfannkuchen gegessen, und dass ich nicht gleich wieder aus dem Lokal gehen muss, sondern dort den Blog fertig schreiben kann, auch noch eine Waffel bestellt 🤦🏼‍♀️ also kein Frühstück für mich.


Wecker brauchte ich mir auch keinen stellen, pünktlich um 4 Uhr richteten die Menschen der Studentenverbindungen ihre Boxen in den gemeinsamen Innenhof. Vorbei wars mit der Nachtruhe. Etwas Zeit ließ ich dann aber doch noch verstreichen, bis ich beschloss, auszuchecken. Eine halbe Stunde vor der Auscheck-Deadline klopfte es an die Tür. Ein Hotelmitarbeiter fragte, wann ich denn nun vorhabe auszuchecken. Demonstrativ setzte ich mich nochmals aufs Bett, machte mir einen Kaffee und blieb bis zur letzten Auscheck-Deadline-Minute sitzen.

Als ich das Hotel hinter mir gelassen hatte, legte ich mir mal meinen Plan für den Tag zurecht. Für die letzte Nacht hatte ich ein B&B in Rotterdam gebucht, also könnte ich davor noch den Stadtrundgang in Leiden fertig machen, mir Den Haag anschauen, eventuell Delft, wenn Zeit bleibt und dann Rotterdam.


Und so startete ich vergnügt auf den menschenleeren Straßen um 10 Uhr vormittags in den Tag. Die Kaffeehäuser füllten sich langsam, die Einheimischen stellten Sessel und Tische aus dem Haus raus in die Sonne, die Studenten schliefen.


Ich schaute mir die Pieterskerk an, eine riesengroße Kirche, der sie zur Stütze Häuser drangebaut haben. Gefinkelt, gefinkelt! Dann las ich über Pilger, die damals nach Leiden flohen, weil man in den Niederlanden jeden Glauben frei ausüben konnte. Später wanderte diese Pilgerschar nach Amerika aus, so auch angeblich Obamas Vorfahren, die Familie Blossom, die hier gewohnt haben soll.

Dann ging's weiter über den Markt, ach, wie ich den Markttag immer liebte...damals, als ich 2011 mein Auslandssemester in Leiden machte.

Ich find es spannend, dass bei diesem Markt die Produkte wirklich günstiger sind als im Supermarkt, nicht so wie bei uns. Und es gibt so vieles! Nicht nur Käse, Gemüse und Fisch, sondern auch afrikanische Stoffe, Gewürze, Erdnuss-Knabbermischungen und sonst alles mögliche, was aus der großen Schifffahrtszeit das erste Mal nach Europa gelangte. Ich gönnte mir eine Stroopwafel (flachgedrückte Waffel mit Karamel-Zuckersirup gefüllt) als Vorspeise und eine Loempia (Frühlingsrolle) als Nachspeise.

Denn was bei uns der Würstelstand oder das Kebabgeschäft sind, das sind hier die Frühlingsrollen-Stände. Diese sind auch auf die Kolonialzeit zurück zu führen.

Dann ging's auf De Burcht hinauf, der älteste Teil der Stadt und dann auf zur großen Hofjes-Suche.

Nach der großen Besichtigungsrunde gings weiter nach Den Haag: Einmal das Mauritshuis von außen, den Binnenhof von innen und das Königliche Paleis bestaunen. Dann dachte ich mir aber, wenn ich schon mal da bin... Und schon fand ich mich im Inneren vom Mauritshuis wieder.

Für den Rundgang gibt es keine Audioguides mehr, sondern - Überraschung - eine App. Weil ich außerdem wie eine zurechnungsfähige Niederländerin aussehe, hat mir auch keiner den Weg zur Ausstellung im Haus A gedeutet (es gibt nämlich zwei Häuser) und ich lief schnurstracks in die verkehrte Richtung, bis mich zwei Kartenabreißer fragten, ob ich wirklich in die Kinderausstellung im Haus B möchte. Aber sie sei lustig, erklärten sie mir und ich kann sie mir gern ansehen. Um mir keine Blöße zu geben, ging ich natürlich bejahend in die Kinderausstellung und dann zrück ins Haus A zur Erwachsenenausstellung. Zu dem Mädchen mit dem Perlohrring.

Gesättigt von der Kunst, hungrig nach Essen ging's wieder raus aus dem Haus, auf den Markt neben dem Parlament. Begleitet von schönen Chansons-Klängen wurden vom Bäcker Pizzabrötchen erstanden, die ich diesmal in weiser Möwen-Voraussicht neben andren essenden Menschen verzehrte.

Dann noch schnell vor bis zum königlichen Palais und wieder zurück zum Bahnhof. Eine Flasche Wasser beim Spar gekauft - hier zahlt man sogar für die "Bedienung" an der Kassa - und weiter gings mim Zug nach Rotterdam. Von dort zu Fuß einmal quer durch Chinatown zu einem wunderschönen Bürgerhäuschen, wo ich den halben Dachboden von einem netten niederländischen Paar bezog.

Frisch gemacht und Handyakku aufgeladen war ich drauf und dran die Stadt zu erkunden, als mich eine Mail der ÖBB erreichte, dass mein Liegewagen durch einen Sitzwagen ersetzt werden würde. Nach dem Schock hing ich über eine Stunde ergebnislos in der Warteschleife und mein Abend war gelaufen. Kein Essen, keine gute Stimmung, nie mehr ÖBB.