Triest

Tag 4 in Triest

Ausgetrickst. Mit den Ohropax schlief ich göttlich und nahm weder das Gegröle noch das monotone Brummen der Klimaanlagen in der engen Gasse wahr. Erst meine innere Uhr, die sagte 'Frühstückszeit' weckte mich. Ausgezeichnet! Ab in den letzten Tag :-)


Die Grand Dame kommt während meines Packprozesses mit einem ausgedruckten A4-Zettel, auf dem zwei Fragen in bestem Deutsch stehen: wann ich Triest verlasse und ob ich mein Gepäck bei ihr lassen mag. Hocherfreut probiere ich mich in meiner besten Aussprache von Mil Grazie und will ihr Trinkgeld geben. Nein, sie nimmt kein Trinkgeld, ich soll es für mich ausgeben und damit Spaß haben. Na dann 😅🍾


Leichten Fußes ohne Gepäck finalisiere ich heute die Sightseeing-Tour. Ich schau mir die so hochgelobten Caffès von außen und die Delikatessgeschäften von innen an. Unter dem römischen Torbogen liegen noch Flaschen und Becher von gestriger Nacht. Das war wohl ne Sause. Der Kellner wäscht die Erinnerungen mit nem Gartenschlauch weg. Sogar der Sonnenschirm wird geduscht.

Die Synagoge ist riesengroß, eine der größten Europas. Früher gab es vier kleine Synagogen, die aber jetzt alle hier vereint sind.

Neben der Synagoge ist das berühmte Caffè San Marco. Früher ein beliebter Treffpunkt von Literaten und Intellektuellen und heute ebenso. Der neue Besitzer, ein Buchhändler, hat seinen Buchladen ins Café integriert. Äußerst praktisch mitgedacht!

Auf dem Rückweg zur Börse schlängel ich mich durch die Lokal-Zeile, welche der La Rambla in Barcelona gleicht. Einzig, hier gibt's kein Souvenir, sondern nur Lokale.


Vom vielen Hügel rauf und Hügel runter bei heißesten Temperaturen, brauch ich doch noch ein Caffè zur Erholung. Wenn Rom auf 7 Hügeln erbaut wurde, Hietzing auf 13 Hügeln steht, dann hat Triest mehr als 100 Hügel 😅


Weil alle guten Dinge drei sind, versuch ich mein Glück nochmals im Caffè Tommaseo, das eine wunderbar schöne Einrichtung haben sollte. Doch auch heute hat es nicht offen. Na dann hoid ned.


Im Plan B Lokal ist die Kellnerin dafür so flott, dass ich noch nicht mal so recht weiß, was ich bestellen will und einfach auf diesen Tischsteher zeige. Ahja, dann nehmen wir heute also ein Lemoncello Spritz. Hätte ich Wasser bestellt, wäre ich sicher als Tourist aufgeflogen. Hier trinkt man schon vor 12Uhr das erste Glaserl. Aber auch sonst werd ich oft für eine Italienerin gehalten und von Italienerinnen zu irgendwelchen Sachen und nach dem Weg gefragt. Meine Lieben, den Weg könnt ich euch nicht mal auf Deutsch in Wien erklären. 😅

Dann kommt die Zeit des Aufbruchs. Ich hol meinen Rucksack aus der Wohnung, verabschiede mich mit Ciao Ciao Ciao von meiner Grand Dame und mach mich auf den Weg Richtung Bahnhof.

Am Bahnsteig angekommen erblicke ich nur zwei Waggons. Ähm, ok, also heut mal wieder kein Speisewagen und den zweiten Waggon der 2. Klasse haben wir auch gleich ganz weggelassen, hat wohl noch immer kaputte Bremsen von der Hinfahrt, oder wie? Nur haben die werten Menschen der ÖBB nicht bedacht, dass man ganz eventuell den dritten Waggon bräuchte, denn ganz eventuell gibt's es einen Haufen Menschen, die dort Sitzplatzreservierung hätten. Die italienischen Schaffner sagen mir, dass mein Waggon nicht dranhängt (ahja, wär mir nicht aufgefallen) und die slowenische Zugbegleiterin ergänzt das mit einem "Today you can sit everywhere!" Na das ist ja fein und wirklich, in sozialem Mitgefühl wurden im einzigen 2.Klasse Waggon einfach gar keine Reservierungen angeschrieben, nicht mal die, die auf diesen Waggon gebucht wurden. So saß ich irgendwo zwischem slowenischen Hipster und zwei schachspielenden Wienern und wartete drauf, dass wir in Leibnitz ankommen, wo man freudestrahlend und bewegungslechzend umsteigen durfte. Sarcasm off. Wir hatten ja dann doch Zeit, weil unsere Ersatzgarnitur 30min auf sich warten ließ. Aber wenn man das ganze positiv betrachtet, könnte man sagen, dass ich nach dem Umsteigen einen intakte Rückenlehne hatte und ich glücklicherweise dann auch in dem Waggon gelandet bin, wo nicht die Klimaanlage ausgefallen ist. 

Höchst motiviert von dieser Glanzleistung beschließt dann auch der Anschlusszug auf der 6-Minuten-Strecke eine Pause von 8 Minuten einzulegen.

Danke! Das wars dann wohl mit den ÖBB. Motivation zum klimaschonend Reisen geht anders. Nach diesen Zugfahrten brauch ich Urlaub, bitte danke! 😅

Schicker Bahnhof hier
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