Tag 6 - 12. April

Puente la Reina - Estella

21,5 km


Etwas hat mich gebissen in der Nacht. Und der Nacken tut auch höllisch weh. Achherrje. Das kann was werden...

 

Heute starten wir zu viert, Lori und Sabrina (die beiden Schweizerinnen) haben das gleiche Tempo wie wir und nach anfänglichen Schwierigkeiten damals miteinander in Roncesvalles (versuchte Bettenfladerei) verstehen wir uns doch wirklich sehr gut!

 

Wie die letzten Tage auch, scheint die Sonne wunderbar runter - eigentlich wollt ich ja auch meinen Regenponcho im Paket zurückschicken, aber Theresa hielt das für eine blöde Idee und wie war das außerdem mit Vorhersehungen ;-)

Mittlerweile sind unsre beiden Sonnencremen ausgegangen (wir schmieren mind. 4x täglich), also hol ich uns Nachschub in einer der zahlreichen Apotheken. Ich werd ja schon im Schatten rot, also kauf ich uns eine 50+ und wir sind wahnsinnig begeistert. Endlich mal eine 50+ die nicht klebt!! Oarg! Nach Spanien muss man reisen, um sowas zu finden!! Vorm Heimflug werd ich mich damit eindecken :-)

Leider werden wir hier nicht gleichmäßig gebräunt, Denn wir gehen ja Richtung Westen und die Mittagssonne von Süden lässt uns links verführerisch rot-braun werden, während unsere rechte Seite noch immer im kühl-weißen Winterschlaf ruht.

Weil das Wetter so schön ist, kugeln alle Pilger immer irgendwo im Gras entlang des Weges rum. Ma, das schaut gemütlich aus! Andere marschieren sehen und selbst Sonne und Leben liegend genießen! Ich will auch mitmachen! Also lieg ich Theresa in den Ohren und wir machen mehrere Sonnenpausen im Gras neben der Straße :-) So lässt sich der Weg fast angenehm gestalten ;-)

16:20Uhr: Ziel erreicht für heut! Die letzte (Jugend-)Herberge im Ort hatte doch noch zwei freie Betten. Nicht, dass wir undankbar wären, aber diese Herberge liegt schon wieder auf einem Hügel... Aber besser als eine Ortschaft und ein paar Kilometer weiterwandern, um dort zu erfragen, ob Betten frei sind :-D

 

Jetzt sind wir in Estella und wie jeden Abend kaputt! Der Hüftgurt hat während dem Gehen so gescheuert, dass ich jetzt in der Hüfte-Becken-Gegend offen bin. Die Schweizerinnen erklärten mir heute in der Früh, dass man den Hüftgurt eigentlich in der Taille trägt. Dabei haben mir die eigentlich erfahren aussehenden Sportler im Sportgeschäft damals beim Rucksackkauf erklärt, dass ich einen Hüftgurt auf der Hüfte tragen muss. Bin verwirrt. Aber gut, der Schmerz fällt nicht auf, Knöchel und Ferse sind auch angeschwollen :-D Memo an mich: Beim nächsten Mal nicht nur Oberschenkel und Rücken vor dem Jakobsweg trainieren!

 

Heute teilen wir uns ein 4er-Zimmer, u.a. mit Taeshi. Taeshi kommt aus Korea und geht den Camino, weil ein Freund von ihm einen Film vom Camino gesehen hat und Taeshi ihn jetzt ausprobiert. Was uns sofort auffällt an ihm: Seine Geisha-Schuhe. Ich bin fasziniert! Jeder andere Mensch hat Turnschuhe mit oder Flipflops als Zweitpaar... Aber hier, bestes Beispiel: andere Kulturen, andere Fußbequemlichkeiten!

 

Vorm Abendessen wasche ich auch noch einmal die Wäsche. In den Waschbecken im Sanitärbereich ist's verboten, man muss die Waschmöglichkeit draußen im dunklen schirchen Eck der Herberge nutzen und die Wäsche auf das ebenso nicht-vertrauenserweckende  Wäschespinnenkonstrukt hängen. Regeln sind Regeln...

Danach gehen Theresa und ich shoppen in die Apotheke, denn Theresa braucht eine Salbe. Dann geht’s weiter auf den Hauptplatz, wo wir in einem Lokal Lori & Sabrina sitzen sehen. Irgendwann am Weg haben wir unterschiedliche Pausen gemacht und sind wieder unser eigenes Tempo gegangen. Umso schöner, sie jetzt hier sitzen zu sehen. Wir setzen uns dazu und essen gemeinsam. Am Tisch dahinter erspähen wir die Dänin und andere bekannte Gesichter. Haben wohl alle die gleichen Etappen geplant. Fein ist sie, unsere kleine Gemeinschaft. Eigentlich kennen wir uns nicht, aber trotzdem kennen wir uns alle!

 

An diesem Abend erfahre ich auch noch von einem Todesfall in der Verwandtschaft. Morgen werde ich im Gedenken ein Kerzal anzünden.