Triest

Tag 3 in Triest

Wie wählen zwischen Pest und Cholera war die Nacht - ok, das ist jetzt überdramatisiert. Aber wenn es im Zimmer heiß ist, weiß man nicht, ob man das Fenster aufmachen soll um noch lauter bedrunkenes Gegröle zu hören oder besser dahin zu vegetieren bei geschlossenem Fenster und stehender Hitze.

Die Ähnlichkeit zu meiner alten Wohnung hat sich jetzt noch in einem weiteren Detail widergespiegelt: Da und dort wohn(t)e ich im Salzviertel, dort, wo das Salz früher angeliefert und gebunkert wurde.

Triest lässt sich meiner Ansicht nach ja super unterteilen: Das alte Viertel mit den engen Gassen kreuz und quer und das neuere von Maria Theresia angelegte Viertel mit schachbrettartigen großen Straßen.


Auch für die Grand Dame dürfte die Nacht nicht erholsam gewesen sein, das Frühstück war noch nicht angerichtet.

Aber sie freute sich dann wie ein Honigkuchenpferd, dass ich ihre Touri-Ratschläge alle beherzige und mich heute zum Schloß Miramare aufmachen werde. Sie servierte mir Kaffee, so schwarz wie meine Augenringe und Alufolie gleich dazu, falls ich die zwei Blattl Schinken und Käse mitnehmen mag. Aber nach dem Motto: was ma hat, das hat ma, aß ich alles zam. 😁

Vor der großen Verschiffung von Triest nach Grignano wollte ich noch das Wahrzeichen besuchen. Ein alter rostiger Kran aus 1913, von dem es weltweit nur noch drei gibt. Kriegsbedingt erst 1931 in Betrieb genommen und 1994 stillgelegt, bis er mal 2011 dank der Bora abposchte und wieder eingefangen werden musste.

Na das Denkmal anschauen war ja dann damit schnell erledigt 😅 

Mit dem Boot ging es nach Grignano und dann zu Fuß den Hügel zum Schloss Miramare hoch. Die Menschenschlange, die dort Einlass begehrte, kringelte sich einmal um die Burg, möglichst nahe an der Mauer im Schatten. Und genauso kringelte sich auch mein Magen zam bei diesem Anblick. So langes Anstehen bei dieser Hitze, keine Wolke am Himmel und absolut kein Wind. Aber was solls, wen hätt ich ansudern sollen? Die Österreicher hinter mir oder die Deutschen vor mir. Hab tapfer gewartet, bis ich das gnädige Handzeichen abwartend eintreten durfte nach Grüner Pass-Check, der 1000-Punkte-Frage, ob ich Teresa bin, einem Fieberthermometer-Check und der dreimal wiederholten Frage, ob ich wirklich alleine bin. Dann holte mich eine Dame ab, führte mich zum Desinfektionsmitteltretpedalspender und gab mir eine Einschulung. Dann war ich ready für Kaiser Maximilian von Mexiko, seine Charlotte und ihren Vorlieben für Schiffskajüten und Ananas. 😎

Das Schloß hat eine bewegte Geschichte hinter sich. In Auftrag gegeben von Massimiliano, hat er doch nie die Fertigstellung gesehen und bevor es ein Museum wurde, war es von den Alliierten eingenommen. Und der riesengroße Park vom Schloß wurde auch perfekt durchgeplant, in zwei Teile geteilt: Ein Teil, der Natur zeigt und einer, der vom Menschen gestaltet wurde. Diese Zweiteilung erinnert mich an Schloß Eckartsau.

Weil es hier jedenfalls viel zu heiß ist, flüchte ich ans Wasser, wo sich Instgram-Pärchen abwechselnd in Pose hauen. Ich spechtl rüber aus dem Schattenplatzerl, sehr unterhaltsam 🤭

Nachdem ich genug Schatten getankt habe um wieder zu funktionieren, fragte ich die deutschsprachige Öffi-App von Triest, wie ich denn nach Prosecco komme, liegt ja direkt oberhalb von Miramare.

Nix da, erstmals den Park Richtung Norden verlasssen, dann den Bus nach Triest zurück nehmen und von dort dann einen Bus nach Prosecco nehmen... okaaay.

Ich scheiterte schon an 'Richtung Norden'. Immer weiter aufwärts stand ich bald im Gebüsch auf der Brücke über der Schnellstraße, den Fußgängerwege haben sie hier zugemauert. Hier hat wohl schon lang keiner der zigzig Touristen den Bus gesucht. Kann ja nicht so schwer sein, dachte ich mir damals noch.

Eine Stunde später stand ich wohlbehalten und ohne Zeck vorm Bus. Mist, ein Fahrschein. Na zum Glück gibts da sogar einen Automaten am Ende der Straße. Als ich den dann triumphierend in der Hand hielt, hat das der Buschauffeur bestenfalls nur noch im Rückspiegel gesehen. Egal, es gab ja noch eine nächste Challenge: Auf dem italienischen Ticket steht, man möge seinen Namen draufschreiben. Und wie macht man das ohne Stift? Da kam zum Glück schon der nächste Bus und während ich den jungen Chauffeur in der Pause beim Zigarettenwuzzeln störte, wurde mir mit einem fetten Grinser sein Kuli geliehen. Genauso breit wie seinen Grinser, nahm er auch die vielen Kehren. Busfahrer haben hier grundsätzlich einen notorischen Stress, beim Aussteigen aus dem Bus machte er einfach die Türen vor der vorletzten Person zu, das war blöderweise ich. Ein Pärchen erkannte die missliche Lage und riefen irgendwas, damit das Sesam öffne dich nochmals wiederholt werden würde.


Noch schnell um 16Uhr einen Snack besorgt und ein Schattenplatzerl gesucht, bevor mein Bus 50min später Richtung Prosecco zur Weinverkostung aufbricht. Bei der Suche musste ich bis in die Altstadt laufen. Und so saß ich da mit meinem ausgetrockneten Sandwich und sah aus sicherer Entfernung einer Frau beim Möwen & Tauben füttern zu. Wahnsinn, da war was los. Doch plötzlich drehte der Vogelschwarm und steuerte geradewegs auf mich zu, die Möwen waren zum Glück eh 30cm über meinem Kopf, die Tauben dafür aber niedriger. James Bond Girl-artig wendete ich mich zur Seite und flüchtete. Der Grund des Angriffs war, die Frau hatte ihr Brotsackerl direkt hinter mir auf den Boden geleert. Ich mein, nicht dass der ganze Platz frei gewesen wäre...

Aber ok, ich musste eh zurück zum Bus. 


Überpünktlich stand ich dann da in der prallen Sonne und wartete. Und wartete. Die Tafel zeigte 'Arr.' an. 25min lang wartete ich auf den verspäteten Bus und fragte ich mich, ob dieses Arr. weniger Ankunft heißt, sondern eher Arrivederci. Als er dann endlich endlich da war, folgte ich der Route mit Google Maps um meinen Ausstieg nicht zu verpasssn, das ham die ja nicht so drauf hier mit der Anzeige. Aber es kam so, wie es kommen musste. Meine Station wurde als einzige nicht durchgesagt und schwupps, waren wir dran vorbei. Mit ner mordsdrum Verspätung, schlechter Laune und noch mehr Schweißperlchen im Gesicht kam ich endlich bei der Weinführung an.

Katrin von @klin.vina erzählte uns von Prosecco, führte uns durch Contovello und als Architektin auch die Besonderheiten der Häuser in dieser Karstregion. Enge Gassen sind hier typisch wegen - eh schon wissen - Bora. Und die Haustüren tragen zum Schutz nicht nur christliche Symbole (auch wenn es keine christlichen Familien sind) sondern auch eine Iris als Zeichen zur Schutzerbittung der alten Götter. Doppeltes Leo kann ma da wohl sagen ;-)


Dann klärte Katrin uns auf, dass es auch bei ihnen dank unseres Kaisers seit  damals erlaubt ist, "Osmiza" zu betreiben - Heurigen. Damals durfte man 8 (daher der Name Osmiza) Tage Wein ausschenken ohne Steuern zahlen zu müssen. Der Buschen, der bei ihnen rausgehängt wird, ist meist Efeu. Da kann man gut erkennen, wie lang eine Osmiza schon offen hat und ob es noch eine Weinauswahl gibt. Grünes Efeu = erst aufgemacht = gibt noch Wein.

Bei Osmizas ist es so, dass es keine Karte zum Essen gibt, man bestellt lediglich die Menge nach Personenanzahl. Und dann kommt eine einzige Platte, von der alle runteressen nur mit einem Zahnstocher bewaffnet, der das Fleischstück auf das Brot setzt.


Da bei ihnen die Weingärten alle beinander am Hang liegen aber die Keller oben im Dorf sind, müssen bei der Lese die Kübel zu Fuß über schmale Treppen mühsamst bergauf geschafft werden.


Nach dem Rundgang kehrten wir in ihrem vom Opa geerbten Weingarten ein, wo sie uns mit ihren Weinen (von Frizzante bis Orange Wine) und lokalen Spezialitäten (Osmiza gleich) mit Blick auf Italien, Slowenien und Kroatien bei untergehender Sonne verköstigte. Später sagte sie, die übrigens zweifache Weinkönigin war, zu mir, ob ich denn Winzerin bin, sie habe gleich gemerkt, dass ich mich auskenn. Ich verneinte, ich trinke nur gern Wein und am liebsten den von meiner Verwandtschaft 😉


Nach der Verkostung ging es mit zwei deutschen Mädels, Ramona und Tatjana wieder nach Triest zurück. Der Bus war diesmal 13 Minuten zu früh und Tatjana aber noch nicht bei der Haltestelle. Der Buschauffeur sah seinen Schnelligskeitsrekord in Gefahr und lies zum Glück eine schwer verständliche italienische Schimpftirade los, als sich Ramona in die Tür stellte und um eine Minute Wartezeit bat. So waren es dann nur noch 12 Minuten Vorsprung.

Bei der Heimfahrt liesen wir uns von der Werbung auf den Bildschirmen im Bus berieseln. Dort brachten sie in Dauerschleife Werbung für künstliche Befruchtung. Anderes Land, andere Sitten.


Endlich zurück legte ich meine Klapperl in die von der Grand Dame vorbereiteten Boxen und und genoss die Dusche so sehr wie noch nie zuvor.